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Kemmelberg

Kemmelberg 1918: Teil 3 Die Schlacht um den Kemmelberg

W Willems, J L Putman, & M Soenen

Situationsskizze auf dem Kemmelberg

Bereits 1850 gab es auf dem Kemmelberg - direkt am Straßenrand - ein Gasthaus gegenüber einem Aussichtshügel, der wahrscheinlich einst mit Erde aus dem so genannten 'Kinderput' neben dem Hügel aufgeschüttet wurde, und der in der Legende vom 'Malegys Pferdchen' vorkommt.

Einige hundert Meter weiter wurde der Aussichtsturm Belvédère erst im Jahr 1888 erbaut.

Restaurant Belle Vue und Aussichtshügel
Foto © Geneanet - Licence CC-BY-NC-SA 2.0

Belle Vue und Aussichtshügel, 1913.

Schon vor dem Ausbruch des Krieges war dieses Gasthaus zum Restaurant 'À la Belle Vue' geworden, das mit Kabarett, Labyrinth und zahlreichen Wandermöglichkeiten punkten konnte. Die Touristen erklommen den spiralförmigen Pfad hinauf zur Spitze des Aussichtshügels und genossen das herrliche Panorama.

Aussichtshügel, 1913
Foto © Geneanet - Licence CC-BY-NC-SA 2.0

Aussichtshügel, 1913.

Während des Krieges war dieses Restaurant Namensgeber für eine kleine Widerstandsstation, die die Briten an diesem Ort eingerichtet hatten. Sie nannten es 'Belle Vue Cabaret'.

Abgesehen von seiner beherrschenden Stellung bot der Kemmelberg nur wenige Elemente des Widerstands; die Franzosen fanden dort dieses kleine britische Widerstandszentrum und nannten es 'Cabaret-Bellevue'...

Einige hundert Meter weiter befand sich der Beobachtungsposten des Aussichtsturms Belvédère mit einer Grube unter dem Turm und einem Graben im Norden. Und das war alles.

Die Briten hatten das Gebiet um das Belle Vue Cabaret als kleinen Widerstandsposten mit einer Infanterieabteilung eingerichtet, die durch eine Maschinengewehr-Abteilung verstärkt wurde, die in einem kleinen Unterstand unter dem Labyrinth des Belle Vue Cabaret untergebracht war. Ein Graben - geschützt durch ein dünnes, drei Meter hohes Netz - umgab das Ganze.

Dieser Widerstandsposten war viel kleiner, als die Deutschen dachten.

Wie eine Luftaufnahme vom Mai 1917 zeigt, war der Graben selbst auch von einem etwas niedrigeren Kreis aus aufgeworfener Erde aus dem Graben umgeben.

In der Vergrößerung des Luftbildes unten ist das Belle Vue - das schwarze rechteckige Gebäude am Fuß des Aussichtshügels - deutlich zu erkennen.

Detail-Luftaufnahme des britischen Widerstandspostens
Foto © IWM London Box 182-120-53BT-28N26ab-1917

Detail-Luftaufnahme des britischen Widerstandspostens, Mai 1917.

Dieses Gebäude ist auch auf einer britischen topografischen Karte von 1916 als Belle Vue Cabaret eingezeichnet.

Aussichtshügel und Beobachtungsposten
Foto © cdoc.klm-mra@warheritage.be

Aussichtshügel (roter Stern) und Beobachtungsposten (grüner Stern), Dezember 1916.

1951 wird auf dem Aussichtshügel am Belle Vue ein Sockel mit dem geodätischen Punkt des Kemmelbergs (154 m Höhe) errichtet.

Das zerstörte Restaurant Belle Vue wurde nach dem Krieg nicht wiederaufgebaut. Aber nur wenige Meter von der Straße entfernt wurde 1954 die Hostellerie Kemmelberg erbaut.

Einige hundert Meter weiter vom Beobachtungsposten Belvédère verlief ein Graben den kahlen Hang hinunter zum Sandweg Loker-Kemmel. Dieser Graben war für die Deutschen gut sichtbar. Unter dem Belvédère Turm (Kemmel Tower) hatten die Briten einen Unterstand mit einem einzigen Eingang entlang der Nordseite ausgehoben. Ein ähnlicher Unterstand unter dem Monteberg wurde zum Kommandoposten des französischen Obersts.

Die 11. Kompanie des französischen Infanterieregiments 99, die am 17. April 1918 neu eingetroffen war, hatte eine große Aufgabe zu bewältigen. Der ihm zugewiesene Sektor war der Nordhang des Kemmelbergs, wo die britischen Batterien positioniert waren. Die Kompanie war aber auch für die Organisation auf dem Kemmelberg und für die Verteidigung eines Großteils des Hügels verantwortlich, darunter der Hochebene, einschließlich die 'Dreef', der Verteidigungsposten Cabaret-Bellevue und der Beobachtungsposten Belvédère.

Die erste Abteilung blieb in Reserve im Hauptquartier des Kapitäns, am Nordhang des Kemmelbergs, etwa fünfzig Meter von Cabaret-Bellevue entfernt.

Die zweite Abteilung musste das Widerstandszentrum Cabaret-Bellevue und den Dreef - einen hundert Meter langen Weg - auf der Südseite verteidigen.

Die dritte Abteilung im Westen musste den Kemmelberg in Richtung Süden verteidigen, von dem Kemmelbergweg bis zum Graben um die Cabaret-Bellevue. Die Granatenlöcher entlang des Dreef sind hier die Kampfplätze.

Die vierte Abteilung im Osten musste den Kemmelberg im Südosten verteidigen indem sie den Belvédère-Graben besetzen und eine Linie von Granattrichtern die den Beobachtungsposten Belvédère mit dem Widerstandszentrum Cabaret-Bellevue verband.

Die Schlacht um den Kemmelberg, 25.-29. April 1918

Am Vorabend der deutschen Offensive wurden vier deutsche Divisionen und das Bayerische Alpenkorps auf einer sieben Kilometer langen Frontlinie zwischen Wytschaete und Dranouter - südlich des Kemmelbergs - in Stellung gebracht. Den Alliierten standen eine einzige britische und zwei französische Divisionen zur Verfügung.

Deutsche Karte der Frontlinie
Foto © Kabisch, Um Lys und Kemmel

Deutsche Karte der Frontlinie, 25.-29. April 1918.

Am frühen Morgen des 25. April brach auf dem Kemmelberg ein ungesehenes Inferno aus. Die deutschen Batterien feuerten rund um den Hügel von Süden, Osten und Nordwesten. Mehr als zwei Stunden lang bombardierten sie die alliierten Artillerieeinheiten und die ersten französischen Linien mit Gasgranaten und Brisantbomben, mit einer Geschwindigkeit von hundert pro Minute...

Dieser infernalische Artilleriebeschuss verkohlten bald jegliches Leben auf und um den Kemmelberg, den Monteberg und den Lettenberg.

Nachdem folgte noch ein schweres deutsches Luftbombardement.

Die Kemmelbergspitze blieb nicht verschont, und der 1888 errichtete Belvédère-Turm wurde vollständig zerstört. Sein Standort wurde jedoch weiterhin als britischer Beobachtungsposten genutzt, der auf die deutschen Stellungen in Wytschaete ausgerichtet war.

Der Turm wurde einige Jahre nach dem Krieg wieder aufgebaut und ist heute ein geschütztes Denkmal.

In der Morgendämmerung verwandelte sich der Kemmelberg in eine schwarze und kahle Mondlandschaft, die Flanken des Hügels waren völlig von jeglicher Vegetation befreit und die Hügelspitze verschwand in einer Rauch- und Staubwolke die eine dicke Nebelschicht bildete.

Aussichtsturm Belvédère vor dem Krieg
Foto gemeinfrei

Aussichtsturm Belvédère vor dem Krieg.

Überreste des Aussichtsturms Belvédère nach der Schlacht, August 1919
Foto gemeinfrei

Überreste des Aussichtsturms Belvédère nach der Schlacht, August 1919.

Die deutschen Angriffslinien waren so nahe herangekommen, dass sie nun ihre Maschinengewehre einsetzen konnten.

Für die deutsche Infanterie war dies der richtige Zeitpunkt zum Angriff. Unmittelbar nach den Luftangriffen stürmten Tausende von deutschen Infanteristen unter dem Kommando der bayerischen Alpenjäger - durch Gruben und über Leichen - den sieben Kilometer breiten Kamm des Montebergs, Kemmelbergs und Lettenbergs. Es war sieben Uhr morgens.

Gegen 7.30 Uhr hatte die dritte Abteilung der Franzosen auf der Kemmelbergspitze keine weitere Nachrichten mehr gesendet und die vierte Abteilung wurde angegriffen. Die zweite Abteilung am Cabaret-Bellevue hatte noch immer keine Deutschen gesehen, aber kaum eine Stunde später schon. Die vierte Abteilung gab kein Lebenszeichen von sich. Zwanzig Meter hinter dem Hauptquartier des Hauptmanns eröffneten Deutsche Maschinengewehre das Feuer auf die sechs verbliebenen Reservisten der ersten Abteilung.

Die Lage auf dem Kemmelberg wurde kritisch. Die Alpenjäger nutzten das Relief des Hügels und die verlassenen Unterstände, um unbemerkt vor den Augen der britischen und französischen Artillerieeinheiten aufzutauchen. Die Deutschen setzten Handgranaten und furchtbare Flammenwerfer ein um die letzten Nester des französischen Widerstands zu räumen.

In den Unterständen an den Flanken des Kemmelberg-Monteberg-Übergangs kam es zu Nahkämpfen. Die überlebenden Artilleristen der französischen Divisionen leisteten noch Widerstand, konnten aber den Vormarsch nicht verhindern und mussten den Kemmelberg und den Monteberg aufgeben.

Deutsche Infanteristen im Hohlweg zwischen Kemmelberg und Monteberg
Foto © IWM London Q87947

Deutsche Infanteristen im Hohlweg zwischen Kemmelberg und Monteberg.

Zum Zeitpunkt des Angriffs auf den Kemmelberg besuchte der deutsche Kaiser Wilhelm II die Front und verfolgte den Angriff von einem Beobachtungsposten aus. Er rief triumphierend aus: 'Die Schlacht ist entschieden. Wir haben den Berg'.

Die Briten wollten ihr Kriegsmaterial um jeden Preis von den Deutschen fernhalten und konnten fünfundzwanzig ihrer eigenen Geschütze in die Luft jagen.

Die Deutschen hatten bereits das gesamte Plateau in Besitz genommen und befanden sich nur noch dreißig Meter von der Spitze entfernt, sowohl im Osten als auch im Norden und Süden.

Gegen 9.30 Uhr waren nur noch zwei Franzosen am Leben, als die deutschen Truppen die Kemmelbergspitze eroberten.

Die Dörfer Kemmel und Dranouter fielen ebenfalls in deutsche Hände.

Der Angriff auf den Kemmelberg gilt historisch als einer der schwersten Angriffe des Ersten Weltkriegs.

Die Dörfer und die wunderbare Landschaft des westflämischen Hügellandes waren nach fünf Monaten Krieg völlig vernichtet. Kemmel und Belle (Bailleul, Frankreich) - durch den Ersten Weltkrieg eng miteinander verbunden - wurden bei dieser Offensive völlig zerstört.

Kemmelberg und Monteberg
Foto gemeinfrei

Kemmelberg und Monteberg, 25. April 1918.

Nie zuvor war die deutsche Frontlinie so weit vorgerückt, und die Deutschen standen kurz vor einem entscheidenden Durchbruch. Ypern war zum Greifen nahe, doch nach dem dramatischen fünfundzwanzigsten April änderte sich das Blatt.

Am nächsten Tag, dem 26. April, fand ein französischer Gegenangriff statt, der jedoch scheiterte. Der Kemmelberg blieb in deutschen Händen.

Doch einige Tage später kamen die müden Deutschen an der Leie kaum noch voran, und auch die deutschen Angriffe in den westflämischen Hügeln schienen ein Ende gefunden zu haben. Der deutsche Vormarsch wurde gestoppt.

Am 29. April sah sich der deutsche General Ludendorff schließlich gezwungen, die Offensive in Flandern endgültig abzubrechen. Die Eroberung von Ypern blieb zwischen den westflämischen Hügeln stecken und führte nicht zu dem erhofften entscheidenden Durchbruch an die Küste. Von da an wurden keine Veränderungen mehr in den Positionen der beiden Kontrahenten festgestellt. Die Schlacht an der Leie war vorbei.

Die Frühjahrsoffensive war gescheitert, aber der erbitterte Kampf kostete 200 000 Soldaten das Leben, darunter mehr als 82 000 Franzosen.

Ende des Krieges in Flandern, 30. April bis 18. Juli 1918

Am 5. Mai 1918 wurde die Flandernschlacht endgültig entschieden. Die Kämpfe dauerten jedoch bis zum 18. Juli 1918 an.

Zum ersten Mal nach der ersten Flandernschlacht, fast vier Jahre zuvor, zogen sich die Deutschen aus dem größten Teil des damals eroberten Flanderns zurück.

Während der 'Hundert-Tage-Offensive' der Alliierten (8. August bis 11. November 1918) fiel der Kemmelberg Ende August fast kampflos an die britisch-französischen Truppen, unterstützt von den Amerikanern, die zum ersten Mal an Kämpfen auf flämischem Gebiet teilnahmen.

Im Rahmen des Wiederaufbaus wurde der kahle Kemmelberg nach dem Krieg mehrere Monate lang entmint und gerodet, und mit Laubbaumarten neu bepflanzt.

Im Lokerdreef, am Fuße der nördlichen Steilhänge des Kemmelbergs, wurden bei Ausgrabungen in teilweise besetzten Schützengräben, Maschinengewehrmunition und kleine Textilstücke von Soldatenkleiden gefunden. Explodierte und nicht explodierte Granaten werden heute noch immer regelmäßig von DOVO - dem Entminungsdienst der Armee - beseitigt.

Oben auf dem Kemmelberg, in der Nähe der heutigen Hostellerie, wurde bei archäologischen Ausgrabungen in den 1970er Jahren eine nicht explodierte deutsche Großkalibergranate von mehr als einem Meter Länge entdeckt, die direkt in einer Eisensandsteinbank steckte. Das Gebiet wurde abgesperrt und evakuiert, bis DOVO den Sprengstoff mit einem mit Sand gefüllten Lastwagen entfernen konnte.

Während des Zweiten Weltkriegs spielte der Kemmelberg keine militärische Rolle mehr. Hitler besuchte jedoch am 1. Juni 1940 den Kemmelberg und deutsche Soldaten hissten die Fahne auf dem Belvédère-Turm zum Gedenken an die gefallenen Kameraden im Ersten Weltkrieg.

 

 

Text Urheberrecht © Archeo Kemmelberg. Ein Originalbeitrag für die History Files: Kemmelberg.