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Kemmelberg

Die Legende vom Malagyspferdchen

W Willems, J L Putman, & M Soenen

An der Bergstraat in Kemmel - schräg gegenüber dem Postgebäude - steht eine Villa mit dem Schriftzug 'Malegijs Peerdeke' ('Malagyspferdchen').

Im Garten neben dem Haus befindet sich eine Bronzestatuette des so genannten Malagyspferdchens mit drei Mädchen auf dem Rücken, eine Darstellung eines Volksmärchens, das im 16. Jahrhundert von Johann Wilhelm Wolf (1843) verfasst wurde.

Bronzestatuette vom Malagyspferdchen, Kemmel
Foto © W Willems

Bronzestatuette vom Malagyspferdchen, Kemmel.

Eines Tages im Jahr 1521 gingen drei Mädchen aus der Nachbarschaft durch die Stadt Ypern. Plötzlich sehen sie in der Dämmerung ein wunderschön geschmücktes weißes Pferdchen, das sich aufbäumt und anscheinend keinen Begleiter hat.

Während die Mädchen von der ungewöhnlichen Schönheit des kleinen Pferdes beeindruckt sind, kommt ein Ritter angelaufen, der der Begleiter des verlorenen Tieres zu sein scheint.

An die begeisterten Mädchen gewandt, sagt er: 'Das Pferdchen kommt aus Japan, und ich bin heute erst in Ypern angekommen. Wenn ihr mit ihm spazieren gehen möchtet, sagt mir einfach, wo ihr wohnt oder wohin ihr wollt, und das Pferdchen wird euch gerne dorthin bringen'.

Die Mädchen zögern einen Moment, beschließen dann aber, das Pferdchen zu reiten und mit ihm nach Hause zu gehen.

Zunächst bewegt sich das stolze Tier vorsichtig vorwärts, doch dann beschleunigt es allmählich seinen Schritt und fliegt bald wie ein Pfeil über die Straße. Aber sie haben das Stadttor bereits verlassen, als die Mädchen merken, dass sie in die Irre geführt wurden. In der Zwischenzeit ist es Abend geworden, und plötzlich hält das Pferdchen vor einem schönen großen Schloss.

Es ist, als ob Tausende von Musikinstrumenten erklingen und es scheint, als ob alle im Schloss tanzen und ausgelassen feiern.

Das Schlosstor schwingt auf und das Pferdchen reitet mit den drei Mädchen hinein. Einen Moment später öffnet sich eine Seitentür und zahlreiche teuer gekleidete Hofdamen erscheinen. In dem Raum wird ein gut gedeckter Tisch sichtbar. Die Mädchen steigen vom Pferdchen ab und betreten den Raum.

Am Kopfende des Tisches sitzt ein großer Herr mit leuchtenden Augen. Er trägt ein langes, besticktes Damastgewand, das seinen ganzen Körper bedeckt, und eine Art türkischen Hut auf dem Kopf, mit einem kleinem Spiegel vorne und der auf beiden Seiten mit Diamanten und anderen Edelsteinen verziert ist.

Dem freundlichen Herrn gelingt es, die drei Mädchen zu überreden, mit ihm ein Stückchen essen zu gehen. Nach dem Abendessen erzählen die drei Mädchen von ihren Abenteuern und bitten den Begleiter des Pferdchens, sie nach Hause zu bringen.

Aber der Herr steht auf und sagt: 'Jetzt, wo das Malagyspferdchen uns das Glück beschert hat, die edlen Jungfrauen von Ypern in diesem Schloss zu empfangen, müssen wir alles tun, um den Abend angenehm und fröhlich zu gestalten. Lasst uns Pfand spielen'.

Die Mädchen weigern sich, mitzumachen und wollen nach Hause gehen, aber die Augen des großen Herrens nehmen einen höllischen Ausdruck an und seine Züge verfallen in eine grausame Düsternis, so dass sie sich trotzdem in die Runde setzen, um diesem grausamen Anblick zu entgehen.

Auf diese Weise beginnen sie Pfand zu spielen. Aber die Mädchen, die überhaupt keine Erfahrung haben, liegen immer falsch und müssen immer mehr verpfänden, so dass sie am Ende alles abgeben müssen, was sie bei sich haben. Sie verlieren ihren gesamten Schmuck und sogar ihre Kleidung. Die Mädchen warten entsetzt auf das Ende des Spiels.

Dann sagt der große Herr: 'Bevor wir mit der Verteilung der Güter beginnen, lasst uns auf die Gesundheit des Malagys Pferdchens trinken'.

Als die Mädchen den ersten Schluck der angebotenen Flüssigkeit nehmen, erwachen sie plötzlich wie aus einem Traum und finden sie sich unter freiem Nachthimmel wieder. Der Zauber ist verschwunden.

Die drei Mädchen befinden sich halbnackt an einem unbekannten Ort am Boden einer tiefen Grube, aus dem sie schließlich herausklettern und eine Hütte sehen können.

Die Mädchen erzählen, was passiert ist, und fragen, wo sie sind. 'Auf dem Kemmelberg, mehr als zwei Stunden von Ypern entfernt', lautet die Antwort. Aber der Bauer und die Bäuerin in der Hütte halten die Mädchen für Hexen und weigern sich, ihnen Kleidung zu geben oder ihnen zu helfen.

Die Mädchen müssen fliehen und den Berg hinunterlaufen. Nachdem sie lange Zeit auf unbekannten Wegen umhergeirrt sind, kommen die ärmlich gekleideten Mädchen schließlich in einem Gasthaus an, trauen sich aber nicht, dem Wirt zu erzählen, wie sie in diese missliche Lage geraten sind. Also lassen sie ihn glauben, dass sie von Räubern ausgeraubt worden sind.

Die Mädchen werden hereingelassen und erhalten vom Gastwirt Kleidung. Der Gastwirt ist dann bereit, die Mädchen in seinem von einem Pferdegespann gezogenen Wagen nach Hause zu bringen.

Sie sind bereits eine Stunde unterwegs, als der Gastwirt vermutet, dass er vom rechten Weg abgekommen ist, obwohl er die Straße von Kemmel nach Ypern sehr gut kennt. Die drei Mädchen bekommen es mit der Angst zu tun, denn sie denken an das Malagyspferdchen, das sie auf die gleiche Weise betrogen hat.

'Es ist seltsam, dass ich meine Pferde nicht unter Kontrolle habe', sagt der Gastwirt. Und der Wagen kommt immer schneller voran und wird mit Kraft über Deiche, durch Wälder, über Felder und Bäche gezogen. Eine Gestalt fliegt ständig vor den Pferden her. Die Mädchen tuscheln: 'Der Schatten von Malagys'.

Endlich kommen sie an einen breiten Weg und der Wagen bleibt stehen. Die Pferde dampfen vor Schweiß. Das Gespenst ist verschwunden und die Sonne geht auf.

'Die Hexen vom Kemmelberg müssen uns in die Irre geführt haben', sagt der Gastwirt totenbleich, 'aber ihr Reich ist am Ende, denn drüben im Osten ist es Tag'.

Obwohl der Gastwirt den Weg von Kemmel nach Ypern mit verbundenen Augen finden würde, muss er einen vorbeifahrenden Bauern fragen, wo sie sind. Der Bauer sagt lächelnd, dass sie mehr als zehn Stunden von Ypern entfernt sind und dass sie auf der Straße von Steenvoorde nach Kassel sind.

'Wie konnten wir nur so dumm sein, auf dieses Malagyspferdchen zu steigen? Wer weiß, wo wir gelandet wären, wenn das Gespenst des Pferdchen nicht vom Tageslicht überrascht worden wäre', sagen die Mädchen. Nur mit vieler Mühe erreichen sie an diesem Tag schließlich die Stadt Ypern.

Um dieses Ereignis zu verewigen, wurde die Grube, in der sie auf dem Kemmelberg gelandet waren, 'Kinderput' genannt.

Schild 'Hier ist der Kinderput'
Foto © W Willems

Schild 'Hier ist der Kinderput'.

Von der Straße aus gesehen befindet sich diese Grube direkt links von einem kleinen Hügel, auf dem ein Betonsockel errichtet wurde, auf dem 1951 vom Nationalen Geographischen Institut (NGI) in Brüssel der geodätische Punkt gesetzt wurde, der die Höhe des Kemmelbergs von 154 m bestimmt.

Geodätischer Punkt Kemmelberg, 1951
Foto © W Willems

Geodätischer Punkt Kemmelberg (154 m), Oktober 1951

Dieses geodätischer Punkt befindet sich gegenüber dem Eingang der Hostellerie Kemmelberg und zweihundert Meter vom Aussichtsturm Belvédère entfernt.

Der 'Kinderput'
Foto © W Willems

Der Kinderput im Vordergrund, dahinter das Schild und ganz hinten der kleine Hügel mit dem geodätischen Punkt.

Direkt an der Straße, an der Stelle, an der 1954 die Hostellerie weiter weg von der Straße gebaut wurde, befand sich vor dem Ersten Weltkrieg das Restaurant Belle Vue, direkt gegenüber einem Aussichtshügel, der während des Ersten Weltkriegs Teil eines kleinen britischen Widerstandszentrums war.

Wurde dieser Hügel einst mit Erde aus dem 'Kinderput' aufgeschüttet?

Restaurant Belle Vue und Aussichtshügel
Foto © Geneanet - Licence CC-BY-NC-SA 2.0

Restaurant Belle Vue und Aussichtshügel.

 

 

Text Urheberrecht © Archeo Kemmelberg. Ein Originalbeitrag für die History Files: Kemmelberg.