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Kemmelberg

Erste Bauern 3.Teil: Neolithische Funde

J L Putman & M Soenen

In-situ-Spuren und -Funde

Die in-situ vorhandenen Spuren und Funde beschränken sich auf eine recht komplexe neolithische Schichtstratigraphie mit einer lokalen Mächtigkeit von einem Meter sowie auf einen Palisadenweg von etwa dreißig Metern Länge.

Fig 16: Zusammengesetztes Süd-Nord-Profil
Foto © A Van Doorselaer, RAMS

Fig 16: Zusammengesetztes Süd-Nord-Profil mit dem Standgraben in der Mitte. (original 1973 Zeichnung bearbeitet durch W Willems).

Das obige zusammengesetzte Süd-Nord-Profil enthält Elemente neolithischer Besiedlungsspuren:

  • Die unterschiedlichen Elemente ruhen auf einem sandigen Unterboden (2) mit gestörtem Oberboden (1)
  • Auf diesem Untergrund liegt (manchmal) eine alte Wohnfläche (6) mit Artefakten und organischen Resten, einschließlich Haselnussresten
  • Auf dieser Schicht liegt eine Erdaufschüttung (7) mit Artefakten, verbrannten oder nicht verbrannten Ästen und Zweigen
  • Darauf folgen Siedlungsschichten (3) mit allerlei organischen Resten, manchmal mit Brandspuren (5), die auf gelbem lehmigen Sand (4b) ruhe
  • In der Mitte dieser Siedlungsschicht befindet sich ein Standgraben, der möglicherweise eine Reihe von Pfählen (Palisade) enthielt
  • (4a) und (4b) bilden eine Ausgleichsschicht, die sich im Standgraben mit verdrängtem Sand aus Schicht (2) verbindet (2)
  • In den Schichten (2) und (3) sind stellenweise Eisensandstein-Fragmente vorhanden
  • Im nördlichen Verlauf des Abschnitts wiederholt sich ein ähnliches Szenario: Überdeckung mit einer Ausgleichsschicht, die wiederum von einer horizontalen Aufschüttung durchschnitten wird, in der ebenfalls Brandspuren vorhanden waren

Nur die oberste Schicht enthält eisenzeitliche Scherben und eine Ansammlung von Steinen, die vermutlich von der eisenzeitlichen Wallanlage stammen, die darüber errichtet worden war.

Das Ganze deutet auf eine Abfolge von Besetzungsphasen hin, die jeweils durch eine Nivellierungsschicht getrennt sind. Der Standgraben für die Pfahlreihe könnte einen Verteidigungscharakter gehabt haben, obwohl dies nur eine der möglichen Interpretationen ist die sich auf Funde an anderen Orten stützt.

Das Foto unten zeigt die Bodenoberfläche mit Brandspuren und Ästen. Zwischen den verbrannten Ästen und Zweigen von Birke und Erle wurden auch Haselnussstücke gefunden.

Fig 17: Sandsteinmühlstein im Vordergrund
Foto © A Van Doorselaer, RAMS

Fig 17: Grundplatte mit einem Sandsteinmühlstein im Vordergrund.

Aufgrund des sauren Bodens sind die Pollenkörner nicht erhalten geblieben, und Knochenfragmente sind sehr selten. Sie gehören zu Ziegen, Schafen, Schweinen, Rindern (Zahn gefunden) und einem Vogel. In der Nähe des Mahlsteins befanden sich auch einige Körner von zwei Weizensorten.

Aus der Lage und den Proportionen des Standgrabens sowie einigen Spuren von Pfahllöchern und Flecken (von einer Feuerstelle?) lassen sich bisher keine nützlichen Schlussfolgerungen ziehen. Daher ist das Verständnis der Organisation der Siedlung im Vergleich zu anderen - in der Größe vergleichbaren - Fundstellen des Mittelneolithikums sehr lückenhaft.

Die Materialfunde bestehen hauptsächlich aus zahlreichen Feuersteinartefakten und Gefäßkeramik scherben.

Die Ausgrabungsfläche des Materials in-situ ist im Verhältnis zur vermuteten Größe dieser neolithischen Höhensiedlung bisher sehr klein geblieben. Ungünstige Standortbedingungen - mit aus der Vergangenheit vererbte tief gestörten Böden - sind ein Hindernis für die Freilegung größerer Flächen, die Aufschluss über die Aspekte der Siedlungsstrukturen geben können.

Aus der Lage und den Proportionen des Standgrabens sowie einigen Spuren von Pfahllöchern und Flecken (von einer Feuerstelle?) lassen sich bisher keine nützlichen Schlussfolgerungen ziehen. Daher ist das Verständnis der Organisation der Siedlung im Vergleich zu anderen - in der Größe vergleichbaren - Fundstellen des Mittelneolithikums sehr lückenhaft.

Nach den in-situ-Daten lässt sich die Besiedlung auf zwei - möglicherweise drei - Phasen reduzieren. Obwohl die erste dauerhafte Besiedlung des Kemmelbergs auf etwa 4 000 v. Chr. datiert werden kann, ist die gesamte Besiedlungsdauer unbekannt.

Siehe auch: Lithische Funde in-situ.

Gefäßkeramikfragmente

Die Keramik zeigt viele Ähnlichkeiten mit Funden aus Spiere an der Schelde, 40 km Luftlinie östlich vom Kemmelberg.

Fig 18: Keramik aus Spiere, typisch für die Spiere-Gruppe
Foto © B Vanmontfort, KU Leuven

Fig 18: Keramik aus Spiere, typisch für die Spiere-Gruppe

Dazu gehören große Vorratstöpfe oder tulpenförmige Töpfe mit offenem Hals, oft mit abgerundetem Boden. Typisch sind Griffe oder Aufhängesysteme (Ohren), auch mit horizontaler oder vertikaler Perforation.

Die Verwendung von erhitztem und zerkleinertem Feuerstein als magernden Zusätze für die Tonmasse ist charakteristisch für die Herstellung von Gefäßkeramik aus der Spiere-Gruppe.

Eindeutig erkennbare spätneolithische oder endneolithische Gefäßkeramik wurden auf dem Kemmelberg bisher nicht gefunden.

In Haringe - etwa 20 km nordwestlich des Kemmelbergs - wurde bei einer Prospektion eine Scherbe aus dem Spätneolithikum oder der frühen Bronzezeit geborgen.

Fig 19: Außenwand einer Topfscherbe, Haringe in Belgien
Foto © Jean Luc Putman

Fig 19: Außenwand einer Topfscherbe mit fünf horizontalen Reihen von Abdrücken, Haringe in Belgien.

Siehe auch: Gefäßkeramik in-situ.

Lithisches Material aus der Prospektion durch Fieldwalking

Unter den Hunderten von neolithischen Artefakten aus dem Prospektionsmaterial lassen sich einige große Gruppen von Werkzeugen unterscheiden, wie die vielen Schaber, Messer und Klingen und die weniger zahlreichen Scheibenbeile und spärlichen Bohrer, Pfeilspitzen, geschliffenen Beile usw.

Fig 20: Schwarze Feuersteinabschläge, Kemmelbergspitze
Foto © CO7, DEPOTYZE, Ieper

Fig 20: Schwarze Feuersteinabschläge, Kemmelbergspitze

Polierte Beile sind charakteristische Werkzeuge der frühen Bauern. Die Ausgrabungen am Kemmelberg erbrachten hauptsächlich eine relativ geringe Anzahl von Fragmenten polierter Feuersteinbeile, die häufig zu einem neuen Werkzeug umgearbeitet wurden.

In der Mitte des letzten Jahrhunderts fand Gerard Duflou bei Ausgrabungen an einer Bergstraße ein wunderschönes poliertes Beil.

Neben geschliffenen Beilen sind auch Scheibenbeile oft typische Werkzeuge der Kulturgruppe, die auf dem Kemmelberg lebte.

Ihre Verwendung als Hacken oder Bodenbearbeitungsgeräte wurde hier und da nachgewiesen. Die lokal hergestellten Scheibenbeile sind ein charakteristisches Merkmal der Fundstätten im südlichen Teil des Scheldebeckens. Diese unterscheiden sich von den Fundstätten im Rheinland, wo nur wenige oder gar keine Scheibenbeile gefunden wurden.

Pfeilspitzen sind eine kleine Gruppe von Artefakten. Sie sind oft blattförmig oder dreieckig. Die Jagd war zu einer Randerscheinung geworden. An einer Reihe von Fundorten wurden Pfeilspitzen gefunden, die als (tödliche) Waffe dienten, und z. B. in menschlichen Augenhöhlen oder Wirbeln gefunden wurden.

Einige Pfeile waren wahrscheinlich ausgestattet mit einem Querschneider, einem Feuersteinartefakt mit Querschnitt und Seiten mit steilen Retuschen.

Einige der gestielten und geflügelten Pfeilspitzen stammen aus dem Spätneolithikum und sind daher sicherlich jünger als die anderen Pfeilspitzen.

Zwei Klingen der Prospektionsfunde wurden mesoskopisch und makroskopisch eingehend untersucht. Beide Klingen weisen viele Ähnlichkeiten auf, was das Rohmaterial, die vermutliche Bearbeitungstechnik, das Modell, die Retusche und die Gebrauchsspuren betrifft. Die beiden grauen Klingen scheinen aus den Feuersteinminen von Spiennes (Hennegau, Belgien) zu stammen, die etwa 90 km Luftlinie vom Kemmelberg entfernt liegen.

Andere Klingen wurden als Messer oder Sichel verwendet, um Gras oder Getreide ab zu schneiden.

Siehe auch: Prospektionsfunde durch Fieldwalking.

Vielfalt an Silex-Rohmaterial

Eine kurze Betrachtung einer Auswahl von Feuersteinprospektionsfunden zeigt, dass die Kemmelberger Bauern über eine große Vielfalt an Feuersteinrohmaterial verfügten.

Sie stammen u. a. aus den Kreidegebieten des Mons-Beckens (Spiennes) und des Pariser Beckens. Auch südlich des Kemmelbergs, in einigen Dutzend Kilometern Entfernung (Region Lille und Artois-Plateau), sind zahlreiche Feuersteinvorkommen zu finden.

Es wurde auch lokales Silexgeröll verwendet. Dieses war in der Regel von minderer Qualität und sind an der ockerfarbenen Farbe der Rinde und des Flintkerns zu erkennen. Sie kommen lose oder fixiert in den Diestian-Sanden und dem Eisensandstein auf der Hügelspitze vor. Sie wurden in allen Perioden der Steinzeit - und möglicherweise auch in den nachfolgenden Metallzeiten - auf dem Kemmelberg verwendet.

Fig 21: Kernstücke von lokalem Silexgeröll, Kemmelberg
Foto © CO7, DEPOTYZE, Ieper

Fig 21: Kernstücke von lokalem Silexgeröll, Kemmelberg.

Aufgrund des wenig abgenutzten Aussehens der Rinde scheint es, dass einige Feuersteine aus dem Bergbau stammen. Beile, Sichelteile und Klingen, die auf dem Kemmelberg gefunden wurden, stammen möglicherweise aus den Silexminen von Spiennes.

Diese neolithischen Minen bildeten ein riesiges Zentrum für den Abbau und die Bearbeitung von Silex mit einer Fläche von etwa 100 ha, das zwei Jahrtausende lang ausgebeutet wurde.

Seit dem Jahr 2000 gehören die Silexminen von Spiennes zum UNESCO-Weltkulturerbe.

Auf dem Gelände gibt es ein Interpretationszentrum 'SILEX'S' und ein laufendes archäologisches Forschungsprogramm. SILEX'S befindet sich im Bergbaugebiet 'Petit-Spiennes', einem 14 ha großen Gebiet mit Hunderten von identifizierten Minenschächten, die bis zu sechzehn Meter tief sind.

Fig 22: SILEX'S Gebäude Spiennes (Belgien)
Foto © Ville de Mons & Serge Brison

Fig 22: SILEX'S Gebäude Spiennes (Belgien)

Fig 23: Kreidestollen
Foto © Jean-Pol Grandmont, CC BY-SA 3.0

Fig 23: Kreidestollen mit Minenschächten und dunklen Feuersteinbänken, Spiennes.

Die Bergleute von Spiennes stellten verschiedene Arten von Werkzeugen für die örtlichen Bauern her. Darüber hinaus spezialisierten sie sich auf die Herstellung von Halbfabrikaten wie Beilen und Klingen. Ihre Ausfuhr bis zum Kemmelberg (90 km) - und sogar noch weiter bis 160 km - zeugt von dem zunehmenden Bedarf an Spezialwerkzeugen in den wachsenden neolithischen Bauerngemeinschaften.

Fig 24: Ungeschliffenes Beil, Spiennes
Foto © M Woodbury, SPW

Fig 24: Ungeschliffenes Beil, Beispiel für einen Halbfabrikat, Spiennes.

Schlussfolgerung

Zu Beginn des vierten Jahrtausends v. Chr. war der Kemmelberg erstmals von einer bäuerlichen Gemeinschaft besiedelt.

Aus den in-situ-Beobachtungen lassen sich verschiedene Phasen der Besiedlung ableiten. Die Kohlenstoff-14-Datierung deutet auf eine Verbreitung über mehrere Jahrhunderte hin, vielleicht bis etwa 3 800 v. Chr.

Die Funktionen der mittelneolithischen Stätte sind derzeit nicht genau bekannt; vielleicht war die Hügelspitze mit Palisaden ausgestattet?

Deutlicher ist das Vorhandensein - in großer Vielfalt - von außerregionalen Rohstoffen aus relativ weit entfernten Regionen. Dabei spielten auch abgelegene Feuersteinabbauzentren in Kreidegebieten eine Rolle.

Aus dieser Bilanz ergibt sich das Bild des Kemmelberges als einer bedeutenden Stätte, die fest in das Netzwerk des Austausches wichtiger Stätten in der weiteren Umgebung während des Mittelneolithikums eingebettet war. Im Gegensatz zum Mittelneolithikum sind die Kenntnisse über das Spät- und Endneolithikum am Kemmelberg bisher noch sehr gering.

 

 

Text Urheberrecht © Archeo Kemmelberg. Ein Originalbeitrag für die History Files: Kemmelberg.