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Kemmelberg

Erste Elite 2.Teil: Identität

J L Putman & M Soenen

Keramik: Aisne-Marne-Modelle

Siehe weiter: Foto Fokus: Keltische Keramik.

Die gefundene Keramik besteht zu einem großen Teil aus drei geknickten Grundformen, die in der Region Aisne-Marne üblich sind: Situlae (eimerförmige Gefäße), Becher und Schalen. Innerhalb dieser drei Gruppen gibt es große Unterschiede in Bezug auf Größe, Ausführung, Dekoration und damit wahrscheinlich auch in der Verwendung.

Undekorierte Becher, Kemmelberg
Foto © H Hameeuw, RAMS

Undekorierte Becher, Kemmelberg.

Verbrannt, erhitzt, verglast

Viele verbrannte Tonscherben werden in bestimmten ausgegrabenen historischen Deponiebereichen gefunden. Diese verformten Scherben sind so stark erhitzt worden, dass sie (teilweise) verglast sind und möglicherweise Teil einer Ofenwand waren.

Verbranntes Material, Kemmelberg
Foto © L Verhetsel, VISO

Verbranntes Material, Kemmelberg.

Es wurden auch Töpfe gefunden, die starkem Feuer ausgesetzt waren, darunter ein Becher mit Hohlboden und ein bikonischer Topf mit einem Andreaskreuz und roten Farbspuren. Dabei handelt es sich entweder um Fehlbrände oder um das Ergebnis von Sekundärverbrennung/Erhitzung.

Verbrannte Töpfe und Topfscherben, Kemmelberg
Foto © T Nevejan

Verbrannte Töpfe und Topfscherben, Kemmelberg.

Schleuderkugeln

Waffen wurden auf dem Kemmelberg nicht gefunden, abgesehen von den vierzig Schleuderkugeln. Die Hälfte von ihnen wurde zusammen mit dem sekundären gebrannten Scherbenmaterial gefunden. Auf dem Foto unten ist eine Ein-Eurocent-Münze als Maßstab angebracht.

Schleuderkugeln, Kemmelberg
Foto © L Verhetsel, VISO

Schleuderkugeln, Kemmelberg.

Abgesehen von einer steinernen Schleiderkugel handelt es sich um irdene Exemplare, die kaum gebrannt wurden (bei 300 Grad C).

Experimentelle Daten über selbstgebaute irdene Schleuderkugel zeigen, dass die Schlagkraft und die Genauigkeit auf den ersten 30 bis 40 Metern besonders ausgeprägt sind. Bei einer Wurfgeschwindigkeit von mehr als 30 Metern pro Sekunde kann man sagen, dass ein Gegenstand oder eine Person innerhalb einer Sekunde nach dem Wurf getroffen wird. Die kinetische Energie (10 Joule), die bei einem solchen Aufprall freigesetzt wird, ist zwar nicht tödlich, kann aber schwere Verletzungen verursachen.

Es ist nicht bekannt, ob diese ovalen Bälle zur Jagd oder gegen menschliche Feinde eingesetzt wurden. Sicher ist, dass römische Texte diese - häufig verwendete - keltische Waffe erwähnen. Die Präzision und Schlagkraft der Schleuderkugeln sollten nicht unterschätzt werden. Die bekannte biblische Geschichte von David, der den Riesen Goliath mit Hilfe einer Schleuder besiegt, ist nicht unrealistisch.

Aus den Funden vom Kemmelberg kann man keine Rückschlüsse auf die Verwendung dieser Schleuderkugeln ziehen. Für die Zeit der eisenzeitlichen Besiedlung des Kemmelbergs und generell für Flandern gibt es keine überzeugenden Funde, die auf viel (Kriegs-)Gewalt hinweisen.

Schleuderbälle wurden hier und da in der Nähe von Bauernhöfen gefunden. Es ist daher wahrscheinlich, dass die irdenen Pendel zur Abwehr von Ungeziefer oder als Jagdwaffe verwendet wurden, um Vögel oder kleine Säugetiere zu treffen.

Es erscheint logisch, dass die Schleuderkugeln am Rand des Plateaus bzw. den dazugehörigen Abfallschichten zu finden sind. Von dort aus war es am besten geeignet nach unten zu schleudern.

Da Schleuderkugeln manchmal in Kriegergräbern gefunden werden, z. B. in der Eifel (Grüfflingen in Belgien und Trier in Deutschland), kann die Hypothese, dass sie als Kriegswaffen verwendet wurden, nicht ausgeschlossen werden.

In diesem Fall hätte es auch eher zur Abschreckung denn als tödliche Waffe gedient.

Andere Hypothesen sind die Verwendung als Brandbomben oder als Mittel zum Testen der Temperatur von Töpferöfen. Diese Theorie scheint unwahrscheinlich, da die meisten Kemmelberg-Schleuderkugeln beim Abfeuern einen ähnlichen Produktionsverlauf genommen zu haben scheinen beim Backen.

Eine der Schleuderkugeln lag am Rande des Feuers, Kemmelberg
Foto © L Verhetsel, VISO

Eine der Schleuderkugeln lag am Rande des Feuers, Kemmelberg.

In Peru und Bolivien ist das Schleudern völlig mit dem täglichen Leben verwoben und sogar Teil der Trachten und Volkstänze geworden, in denen der Gebrauch des Schleuderns dargestellt wird.

Schleudernde peruanische Frau
Foto © J L Putman

Schleudernde peruanische Frau.

Frauenarbeit?

Andere Keramikfragmente, die auf dem Kemmelberg ausgegraben wurden, deuten auf alltägliche Tätigkeiten wie den Gebrauch eines Siebes oder das Spinnen von Wolle hin.

Ein Sieb kann in Kombination mit einem Siebgewebe zum Filtern von Milch oder Wasser, zum Sieben von Mehl oder einfach als Käseform gedient haben.

Fragment eines irdenen Siebes, Kemmelberg
Foto © L Verhetsel, VISO

Fragment eines irdenen Siebes, Kemmelberg.

Spinnen ist das Verdrehen der Wollfasern, um einen starken Faden zu erhalten, mit dem gewebt werden kann. In Peru wird das Spinnen immer noch hier und da mit einem Spinnstab oder Kreisel betrieben. Die Drehscheibe (Kreisel) befindet sich am unteren Ende des Stabs (siehe Foto unten).

Spinnstab und Spinnscheibe aus Peru
Foto © J L Putman

Spinnstab und Spinnscheibe aus Peru.

Auf dem Kemmelberg wurden Fragmente der - eher flachen - Spinnscheiben und der - eher konischen - Spinnwirteln ausgegraben, die zum Spinnen verwendet wurden.

Fragmente von Spinnmaterial, Kemmelberg
Foto © L Verhetsel, VISO

Fragmente von Spinnmaterial, Kemmelberg.

Kemmelware

Unter den vielen Tausenden von Scherben gibt es einige mit auffälligen Merkmalen, die als 'Kemmelware' bekannt sind. Sie gehören zu großen Töpfen, von denen wir leider noch kein vollständiges Profil haben. Dennoch ist eine Reihe von Merkmalen bekannt. Die Form der Gläser ähnelt der der dreifach geknickten Becher, ist aber viel größer.

Kemmelware-Keramik ist oft zwischen 50 und 100 cm hoch, und der Durchmesser des Randes beträgt etwa drei Viertel der Höhe des Gefäßes. Daraus ergeben sich Topfvolumen von über 100 Litern Nutzinhalt, Getreide oder Flüssigkeit. Im leeren Zustand haben diese Töpfe ein Gewicht von 20 bis 30 kg.

In Gräbern in der Champagne findet man manchmal ähnlich geformte Töpfe, wie den fast unversehrten Topf, der in einem Grab bei Reims in Frankreich gefunden wurde, aber nur halb so groß ist wie die Kemmelware. Reims ist 190 km vom Kemmelberg entfernt.

Ähnliche Keramik aus einem Grab in der Nähe von Reims, Frankreich
Foto © J L Putman

Ähnliche Keramik aus einem Grab in der Nähe von Reims, Frankreich.

Die Töpfe sind, vor allem oberhalb der Schulter, mit Rillen aus horizontalen Linien und geometrischen Mustern verziert. Auf der Oberfläche oder in der Rillenverzierung befindet sich eine rote, oft tiefrote Bemalung, die 'Lie de vin' (Farbe von Rotweinresten) genannt wird. Die Außenwand ist in der Regel sehr ordentlich und oft bräunlich-beige gefärbt.

Geschmückte und bemalte Kemmelware-Topfscherbe, Kemmelberg
Foto © L Verhetsel, VISO

Geschmückte und bemalte Kemmelware-Topfscherbe, Kemmelberg.

Ein weiteres Merkmal der Töpfe ist das Vorhandensein einer Deckelrinne.

Rand mit Deckelrinne, Kemmelberg
Foto © L Verhetsel, VISO

Rand mit Deckelrinne, Kemmelberg.

Jüngste chemische Analysen haben gezeigt, dass Scherben ähnlicher Gefäße an mindestens drei Siedlungsplätzen mit besonderem Charakter gefunden wurden, die 30 oder 40 km und mehr als 100 km Luftlinie vom Kemmelberg entfernt liegen.

Fragmente eines Deckelrinnens mit verbranntem Exemplar unten, Kemmelberg
Foto © L Verhetsel, VISO

Fragmente eines Deckelrinnens mit verbranntem Exemplar unten, Kemmelberg.

Vielleicht hatten diese besonders großen Töpfe - oder ihre Ladung - eine verbindende Funktion, und ihre Überführung, Lieferung und vielleicht auch Herstellung auf dem Kemmelberg wurde von den notwendigen Ritualen begleitet. Bei diesen Töpfen handelt es sich vielleicht um lokale Varianten griechischer oder etruskischer (Wein-)Krater. Auffallend ist die hohe Anzahl von Fehlbrände bei dieser so genannten Kemmelware.

Trinkritus

Bankette und Trinkgelage (Symposien) waren wichtige gesellschaftliche Ereignisse für wohlhabende Griechen und Etrusker, auch bei der Beerdigung eines Führers. Sie wurden in speziellen Trinkgeschirren serviert, die aus Mischgefäßen, Gießkannen und Trinkschalen bestanden.

Siehe weiter: Foto Fokus: Keltisches Trinkgeschirr.

Die aristokratischen Kelten wussten auch, wie man feiert. Neben Wein tranken sie auch 'Met', eine Art Honigwein. Wein war bei der keltischen Elite beliebt, vielleicht wegen seiner Blutfarbe, aber auch weil er länger haltbar war als Bier, einen höheren Alkoholgehalt hatte und einen fernen, mystischen Ursprung.

Dort, wo die reichen keltischen 'Fürsten' und 'Fürstinnen' lebten, oder in ihren Gräbern, wurden oft Stücke von luxuriösen Trinkgefäßen gefunden, die entweder von ihnen selbst hergestellt oder aus Griechenland oder Italien eingeführt worden waren. Unter anderem wurden Weinausgießer (oinochoĆ«) und Weinmischgefäße (Krater) gefunden. Letztere wurden verwendet, um den sirupartigen Wein mit Wasser zu verdünnen.

So wurde in der Grabkammer der Fürstin von Vix (Frankreich) neben dem zerlegten Kultwagen, in dem die Verstorbene lag, ein riesiges griechisches Mischgefäß mit einem Fassungsvermögen von 1100 Litern gefunden, zusammen mit anderen Teilen eines Trinkgeschirres.

Griechischer Krater aus der Grabkammer der keltischen Fürstin von Vix in Frankreich
Foto © J L Putman

Griechischer Krater aus der Grabkammer der keltischen Fürstin von Vix in Frankreich.

Die Bronzesitula aus Kuffarn in österreich aus der frühen La-Tène-Zeit (sechsten und fünften Jahrhundert v. Chr.) stellt ein solches keltisches Trinkritual dar: Ein Adeliger mit Kopfschmuck wird von einem Untergebenen bedient, und ein Adelskind beobachtet die Szene mit Trinkbechern, Misch- und Ausgießgefäßen.

Bronze-Situla aus Kuffarn, Niederösterreich.
Foto © Alkan Celts (Wordpress)

Bronze-Situla aus Kuffarn, Niederösterreich..

In der Grabkammer der 'Fürstin' von Reinheim (Deutschland) wurden eine Bronzegießkanne mit Henkel und Tülle, Bronzeschalen und Trinkhörner mit Goldbeschlägen gefunden. ähnliche Stücke wurden auf dem Kemmelberg gefunden.

Funde aus der Grabkammer der Fürstin von Reinheim in Deutschland
Foto © W Reinhard

Funde aus der Grabkammer der Fürstin von Reinheim in Deutschland.

Das Swastika-Symbol

Auffallend ist, dass die Kelten in dieser Phase der Eisenzeit das Swastika-symbol hauptsächlich auf diesen elitären Höhenstädten und ihren manchmal monumentalen 'Fürstengräbern' verwenden.

Vielleicht sollte die Symbolik im Hinblick auf ihre Stellung und ihren Einfluss - auch religiöser Art - in der Gesellschaft und auch auf den gewählten Status der Machthaber gesucht werden.

Auf dem Kemmelberg wurden zwei mit Swastiken verzierte Tonscherben gefunden. In beiden Fällen bestehen die vier Arme der Swastika, vielleicht nicht zufällig, aus jeweils fünf Segmenten.

Auf dem ersten Fragment befindet sich eine Rillenverzierung mit roter Farbe in den Bereichen zwischen den Verzierungen, durch die Swastika gebildet.

Swastika auf einem Kemmelware-Fragment, Kemmelberg
Foto © L Verhetsel, VISO

Swastika auf einem Kemmelware-Fragment, Kemmelberg.

Das zweite Fragment besteht aus einer Scherbe, auf der auf einem glatten dunklen Untergrund mit einer Swastika eine helle Paste aufgetragen wurde, die vollständig abgeblättert ist.

Fragment einer Swastika auf feiner Keramik, Kemmelberg
Foto © H Maertens

Fragment einer Swastika auf feiner Keramik, Kemmelberg.

Tonscherben mit ähnlichen Swastikamotiven wurden auch in anderen keltischen Höhensiedlungen wie der von Mont Lassois (Frankreich) gefunden.

Scherbe aus der fürstlichen Höhensiedlung von Mont Lassois
Foto © J L Putman

Scherbe aus der fürstlichen Höhensiedlung von Mont Lassois.

Siehe weiter: Foto Fokus: Keltische Keramik und Foto Fokus: Keltisches Trinkgeschirr

Bevor Sie mit dem Haupttext fortfahren, sollten Sie sich die nachstehenden Links ansehen.

Fortsetzung folgt in Teil 3.

 

 

Text Urheberrecht © Archeo Kemmelberg. Ein Originalbeitrag für die History Files: Kemmelberg.