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Kemmelberg

Kuriose Geschichten: Die Buschgeusen von Heuvelland

W Willems, J L Putman, & M Soenen

Im Vorfeld des Achtzigjährigen Krieges (1568) traten die Geusen in Erscheinung.

In der ersten Phase dieses Krieges nehmen sie an Raubzügen in den nordholländischen Provinzen Zeeland und Holland teil und können bis Ende 1573 nicht nur die meisten dieser Provinzen erobern, sondern auch deren Bewohner zum Calvinismus bekehren.

Bei den Geusen handelt es sich ursprünglich um niederen Adel aus den Niederlanden - Calvinisten und Lutheraner sowie gemäßigte Katholiken - die sich in der 'Allianz der Adligen' zusammengeschlossen hatten, um eine gemeinsame Front gegen die religiöse Verfolgung (Inquisition) durch den katholischen spanischen König Philipp II und die spanischen Besatzer der südlichen Niederlande und ihre Unterstützer- hauptsächlich französischsprachige Adlige - zu bilden.

Etwa zweihundert von ihnen ziehen im April 1566 zu Fuß nach Brüssel. Dort bitten sie Margarete von Parma - die im Namen des spanischen Königs die 'Spanischen Niederlande' regiert - vergeblich, die brutale Verfolgung der Protestanten einzustellen.

Im August 1566 bricht der 'Bildersturm' in den habsburgischen Niederlanden in Steenvoorde (heute in Französisch-Flandern) aus, das nur 20 km Luftlinie von Kemmelberg entfernt liegt. Der grausame Herzog von Alva wird in die Niederlande geschickt.

Ausgehend von den rebellischen Provinzen Holland und Seeland im Norden, dem Westen Flanderns, Brabant und der Umgebung von Tournai verbreiten sich die Geusen überall in den Niederlanden.

Immer mehr Bürgerinnen und Bürger schließen sich zusammen und führen den Widerstand an.

Die französischsprachigen Adligen geben ihnen den Spitznamen 'gueux' (französisch für Bettler, Dieb), aber das Wort bekommt eine positive Bedeutung für alle Nicht-Spanier. Die Widerstandskämpfer geben ihrer Gruppe den Namen 'Geusen' und verwenden den Bettelsack als Symbol.

Zahlreiche Calvinisten verlassen freiwillig oder gewaltsam die habsburgischen Niederlande und fliehen ins Ausland, vor allem in englische Städte an der Ostküste, aber viele bleiben auf See als - erfolgreiche - Piraten, die sogenannten Wassergeusen.

Bei den 'Buschgeusen' handelt es sich ebenfalls um verstreute Calvinisten, die sich an unzugänglichen Orten in Wäldern und Sümpfen vor den Regierungstruppen verstecken müssen. Sie werden durch verjagte Landbewohner und Plünderer ergänzt und begehen Raubüberfälle.

In den Dörfern der 'Westhoek' - damals 'Westkwartier' genannt - in der südwestlichen Ecke der damaligen Grafschaft Flandern gibt es einen harten Kern von Calvinisten, die ihren Glauben frei und offen leben wollen, was im römisch-katholischen Flandern streng verboten ist.

Darüber hinaus liegt dem Konflikt auch eine wirtschaftliche Ursache zu Grunde. Städte wie Ypern haben bis dahin ein Monopol auf die Tuchindustrie, aber in einigen Dörfern wie Belle (heute Bailleul in Französisch-Flandern), Dranouter und Nieuwkerke - mit viel niedrigeren Löhnen - entwickelt sich auch eine Tuchindustrie mit einem florierenden Exporthandel. Nieuwkerke, heute der südlichste Teil der Gemeinde Heuvelland und an der Grenze zu Frankreich und Wallonien gelegen, konkurriert als industrieller Ballungsraum mit Ypern. Nieuwkerke ist auch ein Brennpunkt des radikalen Calvinismus.

Die Städte suchen nach einer Möglichkeit, ihre verlorene Autorität über die Dörfer wiederzuerlangen und nutzen religiöse Unterschiede dankbar aus.

Für die Dörfer, die heute zur Gemeinde Heuvelland gehören - insbesondere für Nieuwkerke - sind es turbulente Zeiten.

Von hier aus zerstörten wandernde Buschgeusen mehrere Kirchen in der Westhoek.

Radikale Calvinisten greifen zu den Waffen und besetzten Städte wie Tournai und Valenciennes (heute im Französisch-Flandern). Der Aufstand weitet sich entlang der Schelde nach Norden und Nordosten aus. Antwerpen, 's-Hertogenbosch, Maastricht und Amsterdam sind ebenfalls besetzt.

Die Gemeinde Heuvelland heute
Bild © Prov W-Vlaanderen, 'De Bergen' & W Willems

Die Gemeinde Heuvelland heute.

Im Dezember 1566 beschliessen die calvinistischen Prediger auf einer Synode in Nieuwkerke, den bewaffneten Widerstand gegen die Regierung fortzusetzen und Valenciennes, das von der Regierungsarmee belagert wird, zu befreien. In der Nähe von Lille versammelt sich ein Heer von 3000 flämischen Calvinisten und 200 Geusen. In der Schlacht von Wattrelos (bei Lille) werden sie von den Spaniern massakriert.

Im Januar 1568 kehrt eine kleine Anzahl protestantischer Auswanderer unter der Führung des Geistlichen Jan Michiels aus England zurück und überfällt Westflandern, wird aber vertrieben. Diejenigen die bleiben schliessen sich den Geusen an, plünderen Kirchen und Klöster, zerstören religiöse Güter und ermorden katholische Autoritäten.

Anfang Januar 1568 wurden die Kirchen von Reningelst, Dranouter, Kemmel und Nieuwkerke geplündert und ihr Inhalt zerstört oder in Brand gesetzt. Der Priester, der Kaplan und der geistliche Küster von Reningelst werden gefangen genommen, verstümmelt, gefoltert und grausam ermordet. Einige Tage später werden ihre erfrorenen Leichen in Nieuwkerke am wahrscheinlichsten Ort ihres Märtyrertods - damals mitten im Wald - gefunden und in der Kirche von Nieuwkerke begraben.

Erst im April 1923 wurden die sterblichen Überreste der Ermordeten unter dem Kirchenboden wiederentdeckt, und 1928 errichtet der damalige Pfarrer Gustaaf Lamerant das monumentale Kreuzgrabmal an der Stelle, an der ihre Überreste zuerst gefunden wurden.

Kreuzgrabmal in der Eikelstraat in Nieuwkerke
Foto © William Willems

Kreuzgrabmal in der Eikelstraat in Nieuwkerke.

Der grausame Mord ist auch auf zwei Glasfenstern in der Liebfrauenkirche in Nieuwkerke und auf einem eindrucksvollen Gemälde in der Kirche St. Johannes der Täufer in Dranouter abgebildet. Das Gemälde wurde 1947 von Peter Soenen, einem Missionar aus Scheut, angefertigt (Fotos unten).

Gemälde des Priestermordes von 1568, Dranouter
Foto © William Willems

Gemälde des Priestermordes von 1568, Dranouter.

Buntglasfenster, Nieuwkerke, durch Camille Wybo, 1924
Foto © Philippe Vercouter

Buntglasfenster, Nieuwkerke, durch Camille Wybo, 1924.

Jan Camerlynck, einer der Kapitäne der Wassergeusen im flämischen Westkwartier, landet im September 1568 mit sechzehn Gefährten in Ostende und beabsichtigt, den früheren Plan von Terror und Invasion wieder aufzunehmen.

Nach einem geheimen Treffen auf dem Friedhof von Kaaster (Caëstre, heute Nordfrankreich) tauchen sie in ihrer Heimatregion unter. Doch ein gefangener Anhänger wird gefoltert und verrät ihr Versteck. Camerlynck und zwölf Buschgeusen werden in Kaaster überrascht und nach einem erbitterten Kampf festgenommen.

Anfang Oktober beginnt der Prozess gegen Camerlynck vor dem Gericht in Ypern mit umfangreichen Verhören und Folterungen.

Ende November 1568 wird Camerlynck zu einem grausamen Todesurteil verurteilt. Auf dem Grote Markt in Ypern werden ihm die Ohren abgeschnitten, er wird gegeißelt und mit einer glühenden Zange gebrandmarkt. Dann wird er an das Schafott gefesselt, mit einem Kessel brennenden Pechs über seinem Kopf, das auf seinen Körper tropft und ein Feuer entfacht, das ihn bei lebendigem Leib verbrannt.

Nach zwei Jahren der Gewalt setzt seine Hinrichtung den Aktivitäten der Geusen in Westhoek ein Ende.


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Text Urheberrecht © Archeo Kemmelberg. Ein Originalbeitrag für die History Files: Kemmelberg.